25.4.13

NO RASTO DO DINHEIRO. O ERRO DE DURÃO BARROSO


GRANDE TAREIA LEVOU ESTE HOJE!!
  • Krisenländer: Barroso fordert eine Lockerung der Sparpolitik.


S.P.O.N. - Die Spur des Geldes: Warum Barroso falsch liegt

Eine Kolumne von Wolfgang Münchau
Kommissionspräsident Barroso hat sich endlich was getraut, als er die harten Sparauflagen der EU in Frage stellte. Doch seine Kritik geht am Ziel vorbei: Es sind nicht die Euro-Südstaaten, die zu sehr knausern. Sondern Länder wie Deutschland.
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AFP
Kommissionspräsident Barroso: Endlich mal etwas Interessantes gesagt
José Manuel Barroso hat endlich mal etwas Interessantes gesagt. Die Sparpolitik stoße an ihre sozialen und politischen Grenzen. Er halte sie zwar inhaltlich für richtig, aber man müsse die politische Realität akzeptieren. Danach kam der Aufschrei aus Deutschland, und Barroso, Europas Mann ohne Eigenschaften, blies zum Rückzug.


Als jemand, der ebenfalls die Sparpolitik kritisiert, fällt mir an Barrosos Aussage auf, dass er das Problem mit einem hohen Grad an Präzision missversteht. Länder mit hohen Schuldenquoten müssen langfristig sparen. Daran führt kein Weg vorbei, ob das nun politisch beliebt ist oder nicht. Das Problem ist: Der Euro-Raum spart insgesamt zu viel. Wenn es einen Politiker geben sollte, der eben diese gesamteuropäische Sicht vertritt, dann doch sicher Barroso, den Präsidenten der Europäischen Kommission. Aber genau das tat er nicht. Er sprach aus der Vogelperspektive eines ehemaligen portugiesischen Ministerpräsidenten, der sich besorgt zeigt, dass seine Partei durch die Sparpolitik an Rückhalt in der Bevölkerung verliert.
Es ist die Tragik der Euro-Krise, dass außer der Europäischen Zentralbank keiner der Verantwortlichen eine gesamteuropäische Position einnimmt. Auch die meisten Leser dieser Kolumne tun das nicht. Das hindert mich trotzdem nicht daran, eben dieses heute zu tun. Denn nur so lässt sich die Euro-Krise überhaupt begreifen und lösen.
Der Euro-Raum insgesamt hat eine Schuldenquote von 90 Prozent der Wirtschaftsleistung erreicht. Barroso und seine Kollegen in der Kommission gehörten zu den Verehrern der mittlerweile entkräfteten Theorie der 90 Prozent-Schwelle. Sie gingen den amerikanischen Ökonomen Carmen Reinhart und Kenneth Rogoff auf den Leim, nach denen ein Anstieg der Schuldenquote auf 90 Prozent das Wachstum dramatisch verlangsamt. Die Sparpolitik der EU wurde durch diese Ökonomen intellektuell veredelt.
Die 90-Prozent-Schwelle ist gar keine Schwelle
Es stellte sich heraus, dass die beiden Professoren sicheinen peinlichen Rechenfehler in ihrer Microsoft-Excel-Tabelle leisteten. Nachdem ein Doktorand an einer amerikanischen Universität die Ergebnisse einmal nachrechnete, wurde klar, dass die 90-Prozent-Schwelle überhaupt keine Schwelle ist. Natürlich gibt es einen statistischen Zusammenhang zwischen geringem Wachstum und hohen Schulden, aber der läuft zumeist in die umgekehrte Richtung. Wer aus welchem Grund auch immer wenig wächst, dessen Schuldenquote steigt an. Den Japanern ist das in den neunziger Jahren passiert. Den Briten und Italienern passiert es jetzt.
Mit der Diskreditierung der 90-Prozent-Theorie bröckelt auch der politische Rückhalt der bedingungslosen Sparpolitik in den Krisenländern. Das ist zum Teil richtig, denn in Ländern wie Spanien, aber auch Griechenland und Portugal, ist die Konsolidierung derart aggressiv erfolgt, dass sie genau das Gegenteil bewirkte: Der Schuldenstand explodierte anstatt zu fallen. Aber wie steht es mit dem Euro-Raum insgesamt?
Der britische Ökonom Simon Wren-Lewis hat vor einiger Zeit eine sehr hilfreiche Analyse veröffentlicht. Er vergleicht dabei die sogenannten strukturellen Primärüberschüsse. Das Wort "strukturell" meint hier, dass man den Konjunkturzyklus berücksichtigt. Das Wort "primär" bedeutet, dass man die Haushaltsbilanz vor der Zahlung von Zinsen betrachtet. Das tut man, weil man damit den Teil der Haushaltspolitik isoliert, auf den die Politik Einfluss hat. Der Euro-Raum insgesamt hat einen strukturellen Primärüberschuss von 2,2 Prozent der Wirtschaftsleistung, was angesichts der Rezession außerordentlich viel ist. Wren-Lewis errechnete dann, wie hoch eine optimale strukturelle Primärbilanz für den langfristigen Schuldenabbau momentan wäre. Das Ergebnis: ein Überschuss von nur 0,3 Prozent.
Wir müssen selbst auf das Gaspedal treten


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Um ein solches Ergebnis für den Euro-Raum insgesamt hinzubekommen, reicht es nicht, die Sparprogramme der Südländer einzustampfen. Dazu bräuchte man eine leichte haushaltspolitische Expansion im Norden, die eine starke Konsolidierung im Süden ausgleicht. Mit anderen Worten: Wenn wir wollen, dass Spanien und Italien haushaltspolitisch bremsen, dann müssen wir selbst ein wenig auf das Gaspedal treten. Nur so stabilisiert sich der Euro-Raum insgesamt.
Wir tun das Gegenteil. Deutschland hat sich selbst eine Schuldenbremse verordnet und allen anderen den Fiskalpakt. Danach müssen jetzt alle gleichzeitig konsolidieren. Ich war aus diesem Grunde immer ein Gegner der Schuldenbremse. Wir haben uns durch Schuldenbremse und Fiskalpakt das wichtigste Instrument der makroökonomischen Steuerung in Krisenzeiten freiwillig entzogen.
Natürlich ist es legitim, Wirtschaftspolitik nach nationalen Gesichtspunkten zu machen. Dann sollte man aber auch konsequent sein und die neue Partei Alternative für Deutschland wählen. Nationale Wirtschaftspolitik funktioniert nur mit nationaler Währung. Wenn man den Euro erhalten will, dann sollte man die makroökonomische Koordinierung auf die Ebene des Euro-Raums verlagern. Das sind die politischen Alternativen, über die wir und andere Euro-Länder im nächsten Jahrzehnt entscheiden werden. Solange es niemanden gibt, der den europäischen Standpunkt überzeugend vertritt, sehe ich nicht, wo die Zustimmung für eine Euro-Wirtschaftspolitik herkommen sollte.

Wolfgang Münchau. in: Spiegel Online